Debatte über die Zukunft der Rente
In Deutschland ist eine Debatte über die Zukunft der Rente entbrannt. Über die Facetten des Themas sprach „Fraktion direkt“ mit dem arbeits- und sozialpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Karl Schiewerling.
Herr Schiewerling, was fällt Ihnen ein, wenn Sie hören: „Die Rente ist sicher“?
Schiewerling: Dieser Slogan stammt von Norbert Blüm aus dem Jahre 1986 noch vor der deutschen Einheit – jetzt nach 30 weiteren Jahren wissen wir: In der Tat hat sich die gesetzliche Rente bewährt, und sie ist sicher. Sie hat viele Menschen zuverlässig vor Altersarmut bewahrt. Und das, obwohl die Lebenserwartung und damit die Rentenbezugsdauer stark angestiegen ist. Der Beitrag liegt dennoch stabil bei 18,7 %. In der Rücklage sind 33 Mrd. Euro. Wir haben mit der Mütterrente und der abschlagfreien Rente mit 63 Jahren Leistungsverbesserungen eingeführt. Die Renten steigen noch in diesem Jahr um 4,25 % im Westen und um 5,95 % im Osten. Auch das Rentenniveau liegt höher als vor einigen Jahren gedacht. Allerdings stehen wir vor den Herausforderungen einer alternden Gesellschaft und veränderten Erwerbsbiografien. Rente muss auch unter diesen Rahmenbedingungen verlässlich und generationengerecht bleiben. Änderungen müssen sorgsam bedacht und transparent werden. Es ist klar, dass die Rente zwar ganz sicher die wichtigste Säule der Alterssicherung bleibt, aber die Menschen müssen für ein auskömmliches Einkommen im Alter verstärkt zusätzlich vorsorgen.
Private Vorsorge fürs Alter steht nicht hoch im Kurs. Was kann man dagegen tun?
Schiewerling: Das ist natürlich in der Niedrigzinsphase schwierig. Wir werden Änderungen bei den Betriebsrenten vornehmen, damit wir dort mehr Menschen auch in kleineren und mittelständischen Betrieben erreichen. So sollen die Förderwege vereinfacht werden. Wir werden auch bei der Riester-Rente nachjustieren müssen. Sowohl bei der Privatvorsorge als auch bei der Betriebsrente gilt unser besonderes Augenmerk den Geringverdienern. Da das Risiko der Altersarmut etwa bei Menschen sehr hoch ist, die in keinem Pflichtversicherungssystem abgesichert sind, diskutieren wir insbesondere hier über eine Vorsorgepflicht.
Die Koalition plant noch in dieser Wahlperiode die Einführung einer Lebensleistungsrente als Mittel gegen Altersarmut. Ist das ein probates Mittel?
Schiewerling: Sie ist sicher ein Baustein zur Vermeidung von Altersarmut. Mit ihr werden unter bestimmten Voraussetzungen geringe Verdienste besser bewertet. Ähnliches kennen wir für Zeiten vor 1992 von der sogenannten Rente nach Mindesteinkommen. Allerdings hat das Modell auch Schwächen und ist nicht in jedem Fall zielgenau. Deshalb müssen wir es uns noch einmal genauer ansehen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und die Junge Union fordern, das Rentenalter an die Lebenserwartung zu koppeln. Was halten Sie davon?
Schiewerling: Wir haben ja bereits eine Anpassung an die steigende Lebenserwartung durch die schrittweise Einführung der Rente mit 67 bis zum Jahr 2030. Auch die Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren wird schrittweise auf 65 angehoben. Das müssen wir erstmal abwarten und uns anschauen, wie die weitere Entwicklung sein wird.
Viele Menschen wollen freiwillig länger arbeiten als bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter von bald 67. Brauchen wir eine Flexibilisierung der Altersgrenze?
Schiewerling: Mit dem Abschlussbericht der Koalitionsarbeitsgruppe vorgelegten Vorschlägen für flexiblere Übergänge sind erste Schritte auf den Weg gebracht, die jetzt zügig umgesetzt werden müssen. Zukünftig sollen dem weitere Schritte folgen. Dabei soll ein Augenmerk darauf gerichtet werden, dass längeres Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus die Rente erhöht und somit auch die Gefahr von Altersarmut senkt.