„Integrationswille und Leistung sollen sich lohnen“
Mehr als eine Million Flüchtlinge sind im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommen. Bei der Bewältigung der unmittelbaren Herausforderungen wurde bereits viel geleistet. Nun geht es darum, die anerkannten Flüchtlinge zu integrieren. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstag ein Integrationsgesetz.
Über die Einzelheiten sprach „Fraktion direkt“ mit dem arbeits- und sozialpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karl Schiewerling.
Herr Schiewerling, bei der Integration gilt das Prinzip des „Förderns und Forderns“. Wozu werden Asylbewerber verpflichtet und wie werden sie unterstützt?
Schiewerling: „Fördern und Fordern ist ein zweiseitiger Prozess: Der Staat macht Schutzsuchenden gute Integrationsangebote; der Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Integrationskursen wird verbessert. Zu Rechten gehören aber auch Pflichten. Wer die Integrationsangebote nicht in Anspruch nimmt, dem werden Leistungen gekürzt. Wer dauerhaft in Deutschland leben will, muss die deutsche Sprache lernen, muss aus eigener Kraft für seinen Lebensunterhalt sorgen können und unsere Werte anerkennen.“
Welche Anreize gibt es für Asylbewerber, schnell die deutsche Sprache zu erlernen und eine Arbeit zu suchen?
Schiewerling: „Anerkannte Flüchtlinge erhalten laut geltendem Recht, das Rot-Grün 2004 eingeführt hat, schon nach drei Jahren ein unbefristetes Daueraufenthaltsrecht – egal, ob sie sich bemüht haben, auch nur Grundkenntnisse unserer Sprache zu erwerben oder ob sie ihren Lebensunterhalt zumindest teilweise aus eigener Kraft zu bestreiten vermögen. Die Niederlassungserlaubnis ist in jedem Fall nach drei Jahren gesichert. Eine solche Regelung schafft keine Integrationsanreize, im Gegenteil: Das nimmt jeder Integrationsforderung den Nachdruck. Deshalb hat die CDU/CSU-Fraktion jetzt eine Änderung durchgesetzt: Nur wer ausreichende Sprachkenntnisse besitzt und seinen Lebensunterhalt weitgehend zu sichern vermag, soll künftig überhaupt die Niederlassungsfreiheit erhalten. Flüchtlinge, die unsere Sprache besonders rasch erlernt und früh eine Arbeit gefunden haben, erhalten sie weiter nach drei Jahren. Damit signalisieren wir: Leistung und Integrationswille lohnen sich. Wer sich anstrengt, der hat in Deutschland alle Möglichkeiten.“
Vielen Flüchtlingen fehlt die berufliche Qualifikation oder ihre Ausbildung entspricht nicht deutschen Anforderungen. Wie kann man sie an den Arbeitsmarkt heranführen?
Schiewerling: „Mit dem Integrationsgesetz haben wir ein ganzes Bündel an Maßnahmen geschnürt, um Hürden abzubauen. Ich will drei herausgreifen: Es werden erstens 100.000 Arbeitsgelegenheiten, sogenannte Ein-Euro-Jobs, geschaffen, um Flüchtlingen ein niedrigschwelliges Angebot zu machen. Zweitens stellen wir sicher, dass Asylbewerber und Geduldete, die sich in einer betrieblichen Ausbildung befinden, für die gesamte Zeit der Ausbildung bleiben können. Das Bleiberecht gilt auch noch zwei Jahre danach, wenn sie weiterbeschäftigt werden. Das schafft Rechtssicherheit für den Auszubildenden und für den Betrieb - was die Einstellung erleichtert. Eine oft beklagte Hürde für die Integration in den Arbeitsmarkt ist zudem die Vorrangprüfung. Danach kann ein Arbeitsplatz nur dann von einem ausländischen Arbeitssuchenden besetzt werden, wenn kein deutscher, EU-Ausländer oder anerkannter Flüchtling als Arbeitnehmer zur Verfügung steht. Dort, wo die Arbeitslosigkeit niedrig ist, soll diese Vorrangprüfung für Asylbewerber und Geduldete jetzt entfallen. Damit wird zugleich auch die Leiharbeit für diese Gruppe geöffnet.“
Asylbewerbern kann künftig ein bestimmter Wohnort zugewiesen werden. Was wird damit bezweckt?
Schiewerling: „Mit der Wohnsitzauflage wollen wir der Ghetto-Bildung und dem Entstehen von Parallelgesellschaften vorbeugen. Für das Gelingen der Integration ist ganz entscheidend, dass Flüchtlinge in ihrem Wohnumfeld Kontakte zur einheimischen Bevölkerung knüpfen können. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Flüchtling keine Arbeit hat und die Integration mit Hilfe von Arbeitskollegen nicht möglich ist.“