„Job-Chancen verbessern statt Hartz-IV-Sätze zerreden“
„Wir sollten nicht die Regelsätze von Hartz IV zerreden. Wir sollten lieber die Job-Chancen für Hartz-IV-Empfänger verbessern!“, forderte der Vorsitzende der „Stiftung Christlich-Soziale Politik e.V.“, Karl Schiewerling, heute (26. März) bei einer Fachtagung zur Grundsicherung im münsterländischen Coesfeld. Der ehemalige sozialpolitische Sprecher von CDU und CSU im Bundestag kritisierte, dass die eigentliche Kernaufgabe der Grundsicherung inzwischen häufig aus den Augen verloren ginge – und dies eben nicht nur in der ganz aktuellen Diskussion.
„Wir müssen uns mehr anstrengen. Wir müssen uns mehr um eine zielgerichtete Förderung und entsprechende Anreize kümmern. Wir müssen uns wieder stärker auf das Prinzip von Fördern und Fordern zurückbesinnen – ohne dabei einen der beiden Begriffe gegen den anderen auszuspielen. Das gibt den Betroffenen jedenfalls 1000 Mal mehr Perspektive für ihr Leben, als jede noch so emotional geführte Redeschlacht darüber, womit sie denn mit ihren Regelsätzen auszukommen hätten oder nicht“, sagte der Stiftungs-Vorsitzende vor Vertretern einer Großzahl von sog. Optionskommunen aus NRW und Niedersachsen. Optionskommunen unterhalten eigene Jobcenter und organisieren die Grundsicherung eigenständig vor Ort in den Städten und Gemeinden.Schiewerling erinnerte daran, dass das entsprechende Sozialgesetzbuch II mit der Grundsicherung darauf ausgerichtet sei, Menschen in Beschäftigung zu bringen. Die 2004 beschlossene Zusammenlegung der staatlich finanzierten Sozialhilfe mit der staatlich finanzierten Arbeitslosenhilfe zur “Grundsicherung für Arbeitssuchende“ – so der offizielle Gesetzestitel – verfolgt dabei zwei Ziele: Auf der einen Seite soll es Sicherheit geben, dass niemand in absolute Armut fällt; auf der anderen Seite enthält es ein ganzes Bündel an Instrumenten der Arbeitsmarktpolitik, um Menschen wieder in Beschäftigung zu verhelfen. „Darauf muss der Fokus der Arbeit von Politik und Verwaltung gleichermaßen liegen, und nicht in der bloßen Verwaltung von Anträgen und Auszahlungen“, rief Schiewerling vor den Vertretern der Kommunen und der kommunalen Spitzenverbände in Erinnerung.
„Vielleicht haben die Erfolge in der Job-Politik der vergangenen Jahre uns etwas dafür den Blick genommen, dass nicht alle Gruppen gleichermaßen stark davon profitiert haben“, mahnte Schiewerling jedoch auch an. Der frühere Sozialpolitiker umriss dabei die unveränderten Herausforderungen für die Problemgruppen wie Langzeitarbeitslose, Menschen mit besonderen Vermittlungshemmnissen und Alleinerziehende. Zudem pochte er darauf, sich besonders den langfristig wirkendenden Negativ-Strukturen zu widmen: „Wir müssen den Teufelskreislauf der vererbenden Sozialhilfe konsequenter und nachhaltiger durchbrechen. Wir müssen erreichen, dass die Enkel eben nicht in der gleichen Sozialhilfe-Grube verharren wie ihre Eltern und Großeltern. Wir müssen ihnen die passenden Leitern hinstellen und ihnen bei den ersten Schritte auf den Sprossen nach oben helfen!“ Schiewerling verwies dabei auf das Bundes-Programm „Respekt“, das in der vergangenen Legislaturperiode mit einer Ergänzung im Sozialgesetzbuch gestartet wurde. „Respekt“ – im Koalitionsvertrag ausgestattet mit 50 Millionen Euro – soll vor Ort jungen Menschen helfen, sich eine bessere Perspektive für ein selbstbestimmtes Leben aufbauen zu können.