Karl Schiewerling: „Die Dinge gemeinsam anpacken“
„Nach etwas mehr als zwei Jahren kann die Große Koalition eine positive Halbzeitbilanz ziehen. Mütterrente und Mindestlohn sind in Kraft. Die Rente mit 63 ist da. Vieles, was CDU, CSU und SPD im gemeinsamen Koalitionsvertrag festgehalten haben, ist bereits umgesetzt. Und Vieles trägt die Handschrift der Union. Einige wichtige Projekte stecken noch in der Pipeline. So auch die Flexi-Rente, die wir im vergangen Jahr auf den Weg bringen konnten. Mit den beschlossenen Vorschlägen starten wir nun in das Gesetzgebungsverfahren.“
„Mit der Flexi-Rente wollen wir gleich mehrere Ziele erreichen: Wir wollen längeres Arbeiten ermöglichen, längeres Arbeiten belohnen und den Übergang von Arbeit zum Ruhestand fließender gestalten! Das eröffnet neue Chancen für den Einzelnen wie auch für die Betriebe. Ein weiteres Großprojekt, das uns in diesem Jahr beschäftigt, ist die Reform des Bundesteilhabegesetzes. Wir wollen das Wahlrecht von Menschen mit Behinderung stärken, ihre persönliche Entfaltung fördern, Rehabilitation ausbauen und die Einkommens- und Vermögenssicherung dieser Menschen verbessern. Wir wollen zudem die Teilhabe am Arbeitsmarkt ausbauen und hier mehr Vernetzung und Koordination zwischen Trägern und Unternehmen erreichen. Auch das Bundesgleichstellungsgesetz steht in den Startlöchern. Hier geht es vor allem darum, Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen zu schaffen. Menschen mit Behinderung sollen die gleiche Chance auf selbstbestimmte Teilhabe am Leben haben, wie Menschen ohne Handicap.
Um soziale Gerechtigkeit geht es uns auch bei der Anwendung von Leiharbeit und Werkverträgen. Noch in diesem Jahr soll das Gesetz zur Bekämpfung von Missbrauch in dieser Branche kommen. Hier wollen wir die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages umzusetzen. Für Arbeitnehmerüberlassung heißt das ‚equal pay‘ nach 9 Monaten und eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten. Tarifvertragsparteien sollen Abweichungen beschließen können – sowohl die Tarifpartner in den Einsatzbranchen und auch die Tarifvertragsparteien in der Zeitarbeitsbranche selbst. Zum Glück haben wir inzwischen ausnahmslos Tarifverträge mit der DGB-Tarifgemeinschaft. Aber auch die Zeitarbeitsunternehmen stehen in der Pflicht. Sie müssen ihren Beschäftigten zum Beispiel Möglichkeiten zur betrieblichen Qualifizierungen anbieten. Das ist enorm wichtig, gerade vor dem Hintergrund der weiter wachsenden Wirtschaft.
Entgegen vieler Negativprognosen aus der Volkwirtschaft und Marktforschung hält die gute Wirtschaftslage nämlich weiter an. Wir haben momentan Rekord-Beschäftigung und die niedrigste Arbeitslosenquote seit einem viertel Jahrhundert. Auch die Zuwanderung der vielen Flüchtlinge ändert an der guten Arbeitsmarktsituation zurzeit nichts. Dennoch: Wir befinden uns in einer Zeitenwende. Es gilt jetzt, diese gute Basis zu nutzen und weiter auszubauen. Hier müssen wir gemeinsam anpacken! Politik, Wirtschaft und jeder Einzelne. Die Arbeitsmarktintegration der vielen Flüchtlinge wird dabei eine der Kernaufgaben in den nächsten Jahren sein. Menschen mit guter Bleibeperspektive müssen wir durch Praktika und berufsbegleitende Ausbildungsprogramme zügig mit unserem Arbeitsmarkt in Berührung bringen und Formalitäten klären.
Aber auch andere ‚Problemgruppen‘ vergessen wir nicht. Im Gegenteil: Wir haben neue Instrumente für Langzeitarbeitslose entwickelt. Sie wollen wir zurück auf den ersten Arbeitsmarkt holen. Um diesen Sprung nach langjähriger Arbeitslosigkeit zu erleichtern, gilt es dabei auch neue Wege einzuschlagen. Dazu gehört es, neue Instrumente ad experimentum zu erproben. So wollen wir beispielsweise Integrationsbetriebe für Langzeitarbeitslose öffnen. Dabei wollen wir Behinderte und Arbeitslose nicht gleichstellen, sondern zeigen, dass das Modell der Integrationsbetriebe von seiner Grundidee her auch für die Integration von Arbeitslosen auf dem ersten Arbeitsmarkt funktioniert.
Auch schwererreichbare junge Menschen wollen wir verstärkt fördern. Für sie haben wir ein neues Arbeitsmarktinstrument entwickelt. Mit Hilfe von speziellen Einrichtungen wollen wir sie in Bildungsprozesse, Ausbildung und Arbeit bringen. Gemeinsam mit dem BMAS sind hierzu im Oktober letzten Jahres mit dem Pilotprogramm RESPEKT an den Start gegangen. Der Bund unterstützt so bundesweit 18 Pilotprojektträger mit ihren eigenen Konzepten. Ein Projekt, das auch Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßt. Kurz vor Ostern gab es gemeinsamen Pressetermin in der Manege in Berlin-Marzahn. Sie ist einer der 18 Pilotprojektträger, die das neue Instrument anwenden. Im Zuge des SGBII-Änderungsgesetzes bekommt das neue Förderinstrument nun auch eine gesetzliche Absicherung. Das ist ein riesen Erfolg, denn bisher müssen sich soziale Träger Einzelmaßnahmen aus unterschiedlichen Sozialgesetzbüchern zusammensuchen. Aus diesem Flickenteppich wird nun ein einheitliches und kontinuierliches Förderkonzept.“